Artikel-Bild

Wenn Minderjährige erben - wann verfügen sie über Erbe?

 
 

Wird ein minderjähriges Kind Erbe, wird es Eigentümer des Nachlasses. Solange es minderjährig ist und der Vermögensverwaltung durch die Eltern unterliegt, kann es nicht eigenmächtig über den Nachlass verfügen. Dabei stellt sich weniger die Frage, wann das minderjährige Kind über den Nachlass verfügen kann, als vielmehr die, wie gewährleistet wird, dass die sorgeberechtigten Elternteile den Nachlass für das minderjährige Kind bis zu dessen Volljährigkeit ordnungsgemäß und zuverlässig verwalten.

Hat ein Kind Recht auf Erbe?

Ist jemand ein leibliches Kind einer verstorbenen Person (dem Erblasser), ist er oder sie ein gesetzlicher Erbe und hat ein Recht auf die Hinterlassenschaft. Es kommt nicht darauf an, ob das Kind des Erblassers ehelich oder außerehelich geboren wurde. Auch das adoptierte Kind steht dem leiblichen Kind gleich. Stiefkinder und Pflegekinder sind mit dem Erblasser nicht verwandt und sind daher nicht erbberechtigt.

Voraussetzung ist, dass das Kind zum Zeitpunkt des Erbfalls lebt. Ist das Kind verstorben, treten die Erben anderer Ordnungen an seine Stelle. Auch das bereits gezeugte, aber noch nicht geborene Kind (Nasziturus) kann Erbe sein. Es gilt als vor dem Erbfall geboren (§ 1923 BGB). Voraussetzung ist, dass das Kind nach der Geburt einige Sekunden gelebt hat. Wird es tot geboren, ist es nie rechtsfähig gewesen und kommt als Erbe nicht in Betracht.

Erbrecht des Kindes, wenn ein Elternteil noch lebt

Stirbt ein Elternteil, ist dessen überlebender Ehepartner gesetzlicher Erbe. Der überlebende Ehepartner erbt ein Viertel des Nachlasses und erhält ein zusätzliches Viertel, wenn die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten. Das Erbrecht des überlebenden Ehegatten ist unabhängig davon, ob nur ein Kind den Erblasser überlebt oder mehrere.

Wer vertritt den minderjährigen Erben?

Ein minderjähriges Kind ist in seiner Geschäftsfähigkeit beschränkt. Es wird durch seine Eltern als gesetzliche Vertreter rechtsgeschäftlich vertreten. Das gesetzliche Vertretungsrecht der Eltern endet, wenn das Kind volljährig wird. Sind die Eltern geschieden, besteht im Regelfall das gemeinsame Sorgerecht fort, sofern das Familiengericht das Sorgerecht nicht einem Elternteil allein übertragen hat.

Wer verwaltet das Erbe Minderjähriger?

Die Eltern üben das Sorgerecht aus. Insoweit umfasst die Sorge für die Person des Kindes auch das Vermögen des Kindes (Vermögenssorge). Danach sind beide Elternteile berechtigt und auch verpflichtet, für das minderjährige Kind den Nachlass zu verwalten. Das Gesetz enthält aber eine Reihe von Einschränkungen. Üben die Eltern das Sorgerecht gemeinsam aus, müssen Sie sich untereinander verständigen, wie sie den Nachlass im Sinne und zum Wohl des Kindes ordnungsgemäß verwalten.

Ab wann kann ein Kind über sein Erbe verfügen?

Wird das Kind volljährig, endet das Vertretungsrecht der Eltern. Das Kind wird vollumfänglich geschäftsfähig und bekommt damit auch das Recht, über den Nachlass zu verfügen, es sei denn, der Erblasser hat gegenteilige Anordnungen getroffen.

Wie kann der Erblasser Vorsorge treffen?

Um zu gewährleisten, dass der Nachlass im Zeitraum der Minderjährigkeit des Kindes ordnungsgemäß verwaltet wird, kann der Erblasser im Testament einen Vormund benennen. In Betracht kommt jede vertrauenswürdige Person. Voraussetzung ist, dass der Erblasser das Sorgerecht für das Kind innehat. Treffen die Elternteile als potentielle Erblasser unterschiedliche Anordnungen, gilt die Anordnung des zuletzt verstorbenen Elternteils.

Die Benennung eines Vormunds muss in der Form einer letztwilligen Verfügung erfolgen. Das Familiengericht darf von diesem Vorschlag nur aus gravierenden Gründen abweichen. Zugleich kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung eine bestimmte Person als Vormund ausschließen.

Der Erblasser kann auch ausschließen, dass das ererbte Vermögen von den Eltern oder einem Elternteil verwaltet werden darf. Ist nur ein Elternteil ausgeschlossen worden, verwaltet der andere Elternteil allein. Außerdem kann der Erblasser durch letztwillige Verfügung Anordnungen für die Verwaltung treffen (Mietshaus darf nicht verkauft werden), einen Pfleger benennen oder die Testamentsvollstreckung anordnen. Die Testamentsvollstreckung kann, anders als eine Vormundschaft, auch für die Zeit nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes angeordnet werden.

Eine Option kann auch darin bestehen, dass der Erblasser sein Vermögen in eine Stiftung einbringt und die Stiftung die Aufgabe überträgt, das Vermögen im Sinne des Erblassers zu verwalten. Die Erträge aus der Anlage des Vermögens könnten dann dem Kind zufließen.

Was müssen Eltern bei der Verwaltung des Nachlasses beachten?

Rein faktisch betrachtet haben es die Eltern in der Hand, über den Nachlass oder einzelne Nachlasswerte nach eigenem Ermessen zu verfügen. Das Gesetz trifft daher im Interesse des Kindes eine Reihe von Verhaltensregeln.

Gebot, Vermögensverzeichnis anzulegen

Um der Versuchung zu widerstehen, sind Eltern verpflichtet, das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen in einem Vermögensverzeichnis zu erfassen, das Verzeichnis mit der Versicherung der Richtigkeit und Vollständigkeit zu versehen und dem Familiengericht einzureichen (§ 1640 BGB). Diese Verpflichtung gilt nicht, wenn der Wert des Vermögenserwerbs 15.000 € nicht übersteigt oder der Erblasser in einem Testament eine abweichende Anordnung getroffen hat.

Reichen die Eltern entgegen ihrer Verpflichtung zur Vorlage eines Vermögensverzeichnisses das Verzeichnis nicht ein oder ist das eingereichte Verzeichnis ungenügend, kann das Familiengericht anordnen, dass das Verzeichnis durch einen zuständigen Notar aufgenommen wird.

Verbot der Zweckentfremdung

In Verantwortung für die Vermögenssorge des Kindes muss das Wohl des Kindes im Vordergrund stehen. Eigennützige Interessen der Eltern verbieten sich. Eltern dürfen das Vermögen des Kindes nicht für eigene Zwecke verwenden.

Erbe nicht als Bargeld zu Hause herumliegen lassen

Eltern dürfen Bargeld nicht einfach so aufbewahren. Sie sind verpflichtet, das ihrer Verwaltung unterliegende Geld des Kindes nach den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung anzulegen. Dabei geht die Sicherheit der gewählten Anlageform übersteigerten Renditeerwartungen immer vor. Fehlt den Eltern das dafür notwendige Know-how, müssen sie sich professioneller Hilfe bedienen. Lediglich Geldbeträge, die die Eltern für den täglichen Lebensbedarf des Kindes benötigen, brauchen nicht angelegt zu werden.

Vermögensverwertung durch Mehrung erlaubt

Ungeachtet dessen ist es Eltern erlaubt, Einkünfte, die aus dem angelegten Vermögen des Kindes erzielt werden (z.B. Zinsen, Kapitalerträge) für den eigenen Unterhalt oder für den Unterhalt von minderjährigen Geschwistern des minderjährigen Kindes zu verwenden (§ 1649 BGB).

Schenkungen sind nicht erlaubt

Eltern sind nicht berechtigt, in Vertretung des Kindes Schenkungen zu machen. Ausgenommen sind Schenkungen, durch die einer sittlichen Pflicht oder einer auf den Anstand zu nehmenden Rücksicht entsprochen wird (§ 1641 BGB). Spenden an gemeinnützige Institutionen oder notleidende Personen kommen insoweit nicht in Betracht.

Genehmigungspflicht des Familiengerichts

Bestimmte Rechtsgeschäfte bedürfen der Genehmigung des Familiengerichts. Dazu gehören unter anderem Rechtsgeschäfte, bei denen die Eltern über den Nachlass im Ganzen verfügen, ein Mietvertrag abgeschlossen, bei der Bank ein Darlehen im Hinblick auf den Nachlass als Sicherheit beantragt wird oder das Kind eine Bürgschaft übernehmen soll.

Praxistipp: Familiengericht wird von Amts wegen tätig

Erfährt das Familiengericht, auf welchem Weg auch immer, dass die Eltern bei der Vermögenssorge des Kindes eigene Interessen verfolgen, muss und wird das Gericht von Amts wegen aktiv werden und erforderliche Maßnahmen ergreifen. In schwerwiegenden Fällen kommt der Entzug der Vermögenssorge in Betracht. Dann kann dem minderjährigen Kind ein Ergänzungspfleger an die Seite gestellt werden, der den Nachlass für das minderjährige Kind bis zu dessen Volljährigkeit verwaltet.

Erbschulden nicht ausgeschlagen - was passiert bei Volljährigkeit?

Tritt der Erbfall ein, hat jeder Erbe das Recht, die Annahme des überschuldeten Nachlasses auszuschlagen. Die Frist beträgt sechs Wochen nach Eintritt und Kenntnis des Erbfalls. Da das Kind minderjährig ist, ist es Aufgabe der Eltern, gegenüber dem Nachlassgericht die Ausschlagung zu erklären. Soweit beide Elternteile sorgeberechtigt sind, kann die Ausschlagung nur von beiden Elternteilen in Vertretung des Kindes erklärt werden. Zusätzlich muss meist die Genehmigung des Familiengerichts eingeholt werden.

Versäumen die Eltern die Ausschlagungsfrist, wird das Kind Erbe. Es behält diese Position auch, wenn es später volljährig wird. Wird das Kind mangels Ausschlagung Erbe, haftet es mit dem Nachlass gegenüber den Gläubigern des Erblassers. Haben die Eltern schuldhaft versäumt, die Ausschlagung ordnungsgemäß und fristgerecht zu erklären und damit ihre Vermögensverwaltung nicht Genüge getan, kommt die Schadensersatzpflicht der Eltern oder eines Elternteils in Betracht.

Alles in allem

Werden Vermögenswerte vererbt, gilt es, verantwortungsvoll damit umzugehen. Vor allem das minderjährige Kind hat Anspruch darauf, dass sein ererbter Nachlass ordnungsgemäß verwaltet und bei Eintritt seiner Volljährigkeit möglichst noch vollständig vorhanden ist.