Digitaler Nachlass - Was passiert nach meinem Tod mit meinen Daten im Internet?

Wie kann ich meinen digitalen Nachlass verwalten?

Unser Leben wird digitalisiert. Fast jeder ist im Internet unterwegs, kommuniziert über E-Mails und ist in sozialen Netzwerken präsent. Segnen Sie das Zeitliche, hinterlassen Sie Ihre Aktivitäten als digitales Erbe. Sie tun Ihren Nachkommen einen großen Gefallen, wenn Sie diesen digitalen Nachlass regeln. Wir erklären Ihnen, was nach Ihrem Tod mit Ihren Daten im Internet passiert.

Das Wichtigste

  • Ihr digitaler Nachlass ist genauso wichtig wie Ihre materiellen Vermögenswerte, die Sie Ihren Erben hinterlassen. Sie sollten also ein Interesse daran haben, Ihren digitalen Nachlass so zu regeln, dass Ihr Erbe in Ihrem Sinne handelt und in der Lage ist, überhaupt zu handeln.
  • Sie können in einer Vollmacht oder in einem Testament Anweisungen erteilen, wie mit Ihrem Nachlass nach Ihrem Ableben zu verfahren ist.
  • Hinterlassen Sie keine Passwörter, ist der Provider nach einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs verpflichtet, Ihrem Erben den Zugriff auf das Online-Nutzerkonto zu gewähren.

Warum ist der digitale Nachlass problematisch?

Nutzen Sie das Internet, kommen Sie kaum ohne Passwörter aus. Das ideale Passwort ist komplex und lässt sich durch Dritte kaum recherchieren. Hinterlassen Sie keinerlei Aufzeichnungen über Ihre Aktivitäten, stellen sich Ihren Erben folgende Fragen:

  • Wo waren Sie online unterwegs?
  • Unter welcher Domain ist die betreffende Website erreichbar?
  • Wie lauten die Benutzernamen, mit denen der Erbe auf Ihre Nutzerkonten zugreifen kann?
  • Wie lauten die Passwörter für den Zugriff?
  • Wie soll der Erbe mit Ihrem Online-Konto und den damit verbundenen persönlichen Daten verfahren?

Praxisbeispiel:

Sie führen Ihr Girokonto online bei einer Online-Bank. Um Einblick in das Konto zu nehmen und das Konto zu nutzen, ist Ihr Erbe darauf angewiesen, überhaupt Kenntnis davon zu haben, dass Sie dieses Girokonto führen. Will der Erbe auf das Konto zugreifen, benötigt er das Passwort. Hinterlassen Sie keinerlei Unterlagen über das Konto und bewahren das Passwort ausschließlich in Ihrem Gedächtnis oder verschlüsselt in Ihren Unterlagen auf, hat ein Erbe kaum eine Chance, auf das Konto aufmerksam zu werden und darauf Zugriff zu nehmen. Im ungünstigsten Fall hinterlassen Sie auf dem Konto ein Guthaben. Sofern der Erbe nach einem gewissen Zeitraum keinen Zugriff nimmt, dürfte die Bank das Guthaben für sich vereinnahmen.

Was sollte ich vorsorglich tun?

Vielleicht haben Sie selbst Schwierigkeiten, den Überblick über Ihre Online-Aktivitäten zu behalten. Allein aus diesem Grund kann es schon empfehlenswert sein, eine Übersicht Ihrer Aktivitäten zu erstellen. In der Übersicht machen Sie Angaben,

  • bei welcher Institution Sie ein irgendwie geartetes Nutzerkonto unterhalten,
  • wie die Webseite dieser Institution zu erreichen ist,
  • mit welchem Benutzernamen Sie dort gemeldet sind und
  • mit welchem Passwort Sie sich dort einloggen.

Gewissheit ist die Grundlage, nach der die menschlichen Gefühle verlangen.

Honoré de Blazac

Kann Ihr Erbe Zugriff auf Ihr Nutzerkonto nehmen, braucht er nicht zu befürchten, dass ihm der Zugriff durch den Anbieter verwehrt wird. Der Anbieter muss gar nicht erst erfahren, dass Sie verstorben sind. Der Erbe ist Ihr Rechtsnachfolger und kann damit problemlos Ihr Konto löschen.

Expertentipp:

Um die Einsichtnahme Dritter in Ihre Unterlagen zu vermeiden, könnten Sie Ihre Liste auf einem USB-Stick speichern und an einem sicheren Ort verwahren. Hinterlegen Sie den Stick oder die Liste zuhause in Ihrem Tresor oder in einem Bankschließfach, sollte es den Erben möglich sein, darauf Zugriff zu nehmen.

Wie bleibe ich Herr über meinen
digitalen Nachlass?

Vielleicht sind Sie daran interessiert, dass nach Ihrem Ableben Ihre Daten nicht weiterverwendet und idealerweise gelöscht werden. Sie haben unterschiedliche Möglichkeiten:

Verfassen Sie kein Testament, gilt bei der Erbschaft die gesetzliche Erbfolge.

Schaubild:
Verfassen Sie kein Testament, gilt bei der Erbschaft die gesetzliche Erbfolge.

Sie bestimmen eine Vertrauensperson

Sie beauftragen eine Person Ihres Vertrauens mit der Aufgabe, Ihren digitalen Nachlass nach Ihrem Ableben zu regeln. Diese Vertrauensperson muss nicht Ihr Erbe sein. Sie ist Ihr digitaler Nachlassverwalter. Regeln Sie dazu in einer Vollmacht, wie diese Vertrauensperson mit Ihrem digitalen Nachlass umgehen soll. Machen Sie klare Angaben, welche Nutzerkonten sofort gelöscht werden sollen, welchen E-Mail-Verkehr Sie zu löschen wünschen und wie mit Ihrer Anwesenheit in einem sozialen Netzwerk zu verfahren ist. Vielleicht wünschen Sie auch, dass die „Gemeinde“ über Ihr Ableben informiert wird, so dass die Vertrauensperson die Aufgabe hat, eine entsprechende Nachricht einzustellen.

Expertentipp:

Formulieren Sie die Vollmacht handschriftlich. Versehen Sie die Vollmacht mit einem Datum und unterschreiben diese mit Ihrem Vornamen und Nachnamen. Erklären Sie ausdrücklich, dass diese Vollmacht über Ihren Tod hinaus Geltung haben soll.

Regeln Sie in einem Testament auch Ihren digitalen Nachlass

Statt einer bloßen Vollmacht könnten Sie auch in einem Testament Angaben machen, wie mit Ihrem digitalen Nachlass zu verfahren ist. Das Testament richtet sich an die Erben. Hier können Sie die gleichen Angaben machen, die Sie auch in einer Vollmacht hätten machen können.

Gut zu wissen:

Sie können ungeachtet der Regelung Ihres digitalen Nachlasses in einer Vollmacht oder in einem Testament auch anordnen, dass Ihr Computer, Tablet oder Smartphone zerstört und entsorgt wird. So gehen Sie möglichst sicher, dass der Zugriff auf Ihre Daten ausgeschlossen ist.

Beauftragen Sie einen kommerziellen Anbieter, Ihren digitalen Nachlass zu verwalten

Eine weitere Möglichkeit besteht darin, dass Sie einen kommerziellen Anbieter beauftragen, Ihren digitalen Nachlass nach Ihrem Ableben zu verwalten. Das Problem dabei ist, dass dieser Anbieter von Ihrem Tod irgendwie erfahren muss. Zudem besteht das Risiko darin, dass Sie kaum zuverlässig beurteilen können, wie vertrauensvoll ein solcher Anbieter ist und wie er nach Ihrem Ableben mit Ihren Daten tatsächlich verfährt.

Alle Sorge hat ein Ende, wenn wir einen festen Entschluss gefasst haben.

Cicero

Was ist, wenn ich keine Passwörter hinterlasse?

Teils lassen sich Ihre Aktivitäten auch im Internet recherchieren. Waren Sie beispielsweise in einem sozialen Netzwerk engagiert, benötigt Ihr Erbe für den Zugang das Passwort. Der Zugriff wurde früher und wird auch heute noch gerne verweigert. Der Bundesgerichtshof hat jedoch im Hinblick auf Facebook klargestellt, dass eine Mutter Zugriff auf das Nutzerkonto ihrer unerwartet verstorbenen Tochter beanspruchen kann (BGH III ZR 183/17). Facebook wurde verpflichtet, der Mutter das Passwort mitzuteilen.

Verwalten Sie Ihr digitales Vermögen genauso wie Ihr materielles Vermögen in einem Testament.

Verwalten Sie Ihr digitales Vermögen genauso wie Ihr materielles Vermögen in einem Testament.

Damit gehören auch Onlinekonten zum Erbe und begründen das Recht des Erben als Rechtsnachfolger des Erblassers, Zugriff und Einsicht zu nehmen. Gerade wenn Online-Aktivitäten nicht mit dem Tode enden und in den Nachlass fallen, sind Erben darauf angewiesen, ohne Hindernisse diese Teile des Nachlasses zu verwalten. Das Gericht wies auch zutreffend darauf hin, dass es nicht gerechtfertigt wäre, digitales und materielles „analoges“ Vermögen unterschiedlich zu behandeln. Vor allem habe Facebook keinerlei schutzwürdiges Interesse daran, den Erben den Zugriff zu verwehren. Auch der Datenschutz spiele soweit keine Rolle. Schließlich könne der Erbe auch vertrauliche Briefe des Erblassers einsehen, ohne dass damit in die Rechte Dritter eingegriffen werde. Gleiches gelte für digitale Daten.

Gut zu wissen:

Meist erhält der Erbe in sozialen Netzwerken keinen Zugriff auf das Profil des verstorbenen Inhabers. Soweit der Erbe die Sterbeurkunde des Inhabers und zum Nachweis seiner Identität als Erbe ein offizielles Ausweisdokument vorlegt, wird das Konto inaktiv geschaltet („Gedenkmodus“) oder gelöscht.

Fazit

Auch wenn Sie den Standpunkt vertreten: „Nach mir die Sintflut“, sollten Sie ein Interesse daran haben, wie mit Ihren persönlichen Daten und Ihren persönlichen Lebensinhalten nach Ihrem Tod verfahren wird. Ihre Erben sollten Sie so im Gedächtnis behalten, wie sie es sich gewünscht haben.

Autor:  Heinrich von Südhoff

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