Testament bei Scheidung und Wiederheirat - Geschiedenentestament

Es gibt gute Gründe, ein Testament wegen neuem Partner oder wegen neuer Ehe zu errichten. Dazu sollten Sie aber wissen, warum es solche Gründe gibt und wie die Situation ist, wenn Sie kein Testament verfassen und auf was Sie achten müssen, wenn Sie ein Testament wegen neuem Partner oder Wiederheirat verfassen.

Das Wichtigste zum Thema "Testament bei Scheidung und Wiederheirat - Geschiedenentestament" für Sie:

  • Sind Sie verheiratet, erbt Ihr Ehepartner neben Erben der 1. Ordnung die Hälfte Ihres Nachlasses.
  • Lassen Sie sich scheiden, entfällt das Erbrecht Ihres Ehepartners. Haben Sie ihn in einem Testament bedacht, wird das Testament im Regelfall unwirksam. Um Klarheit zu schaffen, sollten Sie das Testament widerrufen.
  • Haben Sie Kinder aus erster Ehe, empfiehlt sich, ein Testament wegen neuem Partner / Wiederheirat zu errichten. Da sich mit Ihrer Heirat der Erbanteil Ihrer Kinder aus erster Ehe verringert, können Sie deren Erbanteil mit einem Testament wahren.
  • Mit einem Geschiedenentestament stellen Sie sicher, dass Ihr Ex-Partner, der Ihren Nachlass für Ihr minderjähriges Kind verwaltet, von der Nachlassverwaltung ausgeschlossen wird und keine Möglichkeit hat, zu eigenen Gunsten über den Nachlass zu verfügen.

Situation beim Ableben eines Ehegatten während der Ehe

Sind Sie verheiratet, erben Sie als der überlebende Ehegatte die Hälfte des Nachlasses Ihres verstorbenen Ehegatten. Ihre Kinder erben als Erben 1. Ordnung die andere Hälfte und teilen diese zu gleichen Teilen unter sich auf. Sollte bereits eines Ihrer Kinder verstorben sein, rücken stellvertretend dessen Kinder, also Ihre Enkel, in der Erbfolge nach. Ihre Erbquote als Ehegatte wird nach zwei Ansätzen berechnet.

  1. Zunächst wird das gesetzliche Erbrecht eines Ehegatten festgestellt. Nach § 1931 BGB erbt der überlebende Ehegatte neben Verwandten der 1. Ordnung (Kinder, Enkelkinder) ein Viertel des Nachlasses.
  2. Leben Sie zugleich im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, erfolgt der Zugewinn dadurch, dass der gesetzliche Erbteil um ein Viertel des Nachlasses erhöht wird. Der Zugewinn, der normalerweise erst im Zeitpunkt der Scheidung der Ehe vollzogen wird, wird also pauschal mit einem Viertel des Nachlasses erfasst. Daraus ergibt sich, dass der überlebende Ehegatte, wie anfangs festgestellt, die Hälfte des Nachlasses erbt.

Schicksal des Erbrechts des Ehegatten bei Scheidung

Befinden Sie sich im Scheidungsverfahren, entfällt spätestens mit der rechtskräftigen Scheidung das gesetzliche Erbrecht Ihres Ehegatten aus der ersten Ehe (§ 2077 BGB). Ihr Erbrecht entfällt umgekehrt natürlich auch. Der Ehegatte erster Ehe geht also leer aus, wenn der Ex-Partner verstirbt.

Hatte Ihr verstorbener Ehepartner bereits die Scheidung beantragt oder Ihrem Scheidungsantrag zugestimmt und lagen zudem die Voraussetzungen der Scheidung vor, entfällt schon zu diesem Zeitpunkt das gesetzliche Erbrecht beider Ehegatten, obwohl Ihre Ehe noch besteht. Die Kinder bleiben unabhängig von der Scheidung Ihre gesetzliche Erben und die Ihres Ex-Partners.

Schicksal des Testaments zugunsten des Ehegatten erster Ehe

Haben Sie zugunsten Ihres Ehegatten erster Ehe ein Testament gemacht, wird dieses unwirksam, sofern Sie es während der Ehe oder anlässlich Ihrer Verlobung errichtet haben. Insoweit war dieses Testament auf den Bestand der Ehe bezogen. Es bleibt aber wirksam, wenn Sie es bereits vor der Ehe erstellt haben, weil dann unterstellt wird, dass Sie den Partner unabhängig von der Ehe absichern wollten.

Expertentipp:

Haben Sie ein Testament errichtet und darin Ihren Ehepartner erster Ehe bedacht, sollten Sie es nach der Scheidung unbedingt widerrufen. Sie beseitigen damit jeden Zweifel, ob es denn nun noch wirksam ist oder nicht. Der Widerruf sollte allein schon deshalb erfolgen, um jegliche Unstimmigkeit auszuschließen. Sie können ein bestehendes Testament jederzeit widerrufen und jederzeit ein neues wegen neuem Partner oder neuer Ehe errichten.

Schicksal eines gemeinschaftlichen Testamentes unter Ehegatten

Haben Sie mit Ihrem Ehepartner aus erster Ehe ein gemeinschaftliches Testament (Ehegattentestament) verfasst, wird dieses mit der Scheidung unwirksam.

Ausnahmsweise kann es fortbestehen, wenn Sie ausdrücklich bestimmt haben, dass das gemeinschaftliche Testament auch im Fall Ihrer Scheidung fortbestehen soll (§ 2268 Abs. II BGB). Zur Klarstellung sollte das gemeinschaftliche Testament im Idealfall eine Klausur für eine Wiederheirat enthalten. Darin wäre zu regeln, ob die wechselbezüglichen Verfügungen Ihres Ehegattentestaments auch im Fall einer Wiederverheirat eines Partners fortgelten sollen. Ist dies der Fall, müssen Sie diese Bindung in einem neuen Testament wegen neuem Partner / Wiederheirat berücksichtigen. Sie können dann faktisch nur noch im Rahmen des gemeinschaftlichen Testamentes neu verfügen.

Gibt es keine Regelung, ist im Zweifel davon auszugehen, dass diese Verfügungen mit der Wiederheirat entfallen. Sie können dann beliebig neu verfügen und ein neues Testament wegen neuem Partner / Wiederheirat errichten.

Was ist, wenn der geschiedene Ehepartner das gemeinsame Kind beerbt?

Mit der Scheidung entfällt zwar das gesetzliche Erbrecht Ihres früheren Ehegatten. Dessen Erbrecht kann aber indirekt fortbestehen, wenn Ihr gemeinsames Kind stirbt (z.B. durch einen Unfall) und Ihr Ehegatte aus der früheren Ehe als Elternteil das verstorbene Kind beerbt. Elternteile sind nämlich Erben 2. Ordnung.

Um zu verhindern, dass Ihr früherer Ehepartner Erbe Ihres verstorbenen gemeinsamen Kindes wird und damit auch im Fall Ihres Ablebens an Ihrem Nachlass teilhat, können Sie Ihr Kind zum Vorerben und Ihre Enkel oder andere Mitglieder Ihrer Familie zu Nacherben einsetzen. Damit schließen Sie das Erbrecht Ihres geschiedenen Ehegatten nach Ihrem Kind aus. Vorerbe bedeutet, dass zunächst Ihr Kind erbt. Verstirbt es vorzeitig, erbt der Nacherbe, den Sie im Testament bestimmt haben. So können Sie Ihren Nachlass steuern.

Was ist ein Geschiedenentestament?

Das Geschiedenentestament hat den Zweck, Ihrem minderjährigen Kind den Nachlass zu sichern, wenn Sie selbst versterben. Auch wenn Sie erneut heiraten, bleibt Ihr Kind durch das Geschiedenentestament gesetzlicher Erbe. Ist das Kind minderjährig, verwaltet Ihr früherer Ehegatte als dessen gesetzlicher Vertreter den Erbanteil Ihres Kindes an Ihrem Nachlass.

Müssen Sie befürchten, dass der frühere Ehegatte Ihren Nachlass für eigene Zwecke verwenden wird, können Sie ihm durch ein Geschiedenentestament das Recht entziehen, das Ihrem Kind mit dem Nachlass zugewendete Vermögen zu verwalten.

Mustertext

Mein Sohn Hans ist mein gesetzlicher Erbe. Solange er minderjährig ist, entziehe ich meiner früheren Ehegattin und der Mutter meines Sohnes Hans, das Recht, meinen Nachlass für Hans zu verwalten. Sie hat insoweit kein Recht zur Vermögenssorge. Einkünfte, die sich aus meinem Nachlass erzielen lassen, sind ausschließlich für den Unterhalt von Hans zu verwenden. Im Hinblick auf die Verwaltung meines Nachlasses bestimme ich meinen Bruder, Friedrich Mueller, zum Nachlasspfleger.

Testament bei Scheidung und neuem Partner / Wiederheirat

Wenn Sie wieder heiraten, sollten Sie ein Testament wegen neuem Partner / Wiederheirat errichten. Oft ergibt sich eine veränderte Situation. Gesetzlicher Erbe ist jetzt auch Ihr Ehepartner aus zweiter Ehe. Bekommen Sie mit Ihrem neuen Ehepartner gemeinsame Kinder, werden auch die gemeinsamen Kinder gesetzliche Erben. Haben Sie bereits Kinder aus der ersten Ehe, sind alle Kinder einander erbrechtlich gleichgestellt. Alle Kinder erben gemeinsam neben Ihrem Ehegatten aus zweiter Ehe.

Das Erbrecht Ihres Kindes aus erster Ehe wird allein schon dadurch geschmälert, dass Sie erneut heiraten. Haben Sie ein gemeinsames Kind aus erster Ehe, wird mit Ihrer Scheidung der ersten Ehe dieses Kind Alleinerbe. Mehrere Kinder aus erster Ehe teilen sich das Erbe. Heiraten Sie erneut, entfällt die Hälfte Ihres Vermögens auf Ihren neuen Ehepartner aus der zweiten Ehe. Die andere Hälfte teilen sich Ihre Kinder.

Möchten Sie nicht, dass Ihr neuer Ehepartner von Anfang an in dieser Größenordnung an Ihrem Nachlass beteiligt wird und möchten Sie Ihr Kind aus erster Ehe bevorzugen, müssen Sie ein Testament wegen neuem Partner / Wiederheirat errichten. Sie können darin eine abweichende Erbquote bestimmen. Eine Grenze besteht dort, wo der Pflichtteil Ihres neuen Ehegatten berührt wird. Der Pflichtteil beträgt immer die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Der gesetzliche Erbteil beträgt nach § 1931 BGB neben Verwandten der 1. Ordnung (Ihren Kindern) ein Viertel des Nachlasses. Der Pflichtteil davon wäre dann ein Achtel.

Sie können Ihr Kind aus erster Ehe also zum Alleinerben bestimmen. Ihr neuer Ehepartner erhält dann lediglich ein Achtel Ihres Nachlasses als Pflichtteil. Sie können Ihrem Kind aber auch bestimmte Wertgegenstände aus Ihrem Nachlass zukommen lassen oder ihm eine Erbquote von zum Beispiel 60 % statt der gesetzlichen 50 % zuerkennen.

Autor:  Volker Beeden

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