Testamentseröffnung beim Nachlassgericht

Hat eine verstorbene Person (Erblasser) ein Testament hinterlassen, kommt es darauf an, den darin dokumentierten „letzten Willen“ dieser Person umzusetzen. Testamente werden daher landläufig in einer sogenannten Testamentseröffnung beim Nachlassgericht „eröffnet“.

Um die Umsetzung eines Testaments nicht in das Belieben der Angehörigen zu stellen, besteht ein Bedürfnis, den Inhalt einer solchen Verfügung von Todes wegen amtlich festzustellen. Das Gesetz trifft daher Vorsorge.

Das Wichtigste zum Thema „Testamentseröffnung beim Nachlassgericht“ für Sie:

  • Jeder, der ein Testament auffindet, ist gesetzlich unter Strafandrohung verpflichtet, das Testament beim Nachlassgericht abzuliefern.
  • Mit dem Ableben einer Person findet in dem örtlich zuständigen Amtsgericht als Nachlassgericht eine Testamentseröffnung statt. Ein in amtlicher Verwahrung des Gerichts befindliches oder ein dem Gericht übergebenes Testament wird eröffnet.
  • Testamentseröffnung bedeutet, dass der Inhalt eines Testaments verkündet wird.
  • Mit der Testamentseröffnung werden die gesetzlichen Erben und alle am Nachlass beteiligten Personen informiert. Die Testamentseröffnung kann so erfolgen, dass das Nachlassgericht einen förmlichen Eröffnungstermin bestimmt und alle Beteiligten zur Teilnahme einlädt oder den Beteiligten eine Abschrift der letztwilligen Verfügung übersendet.
  • Das Nachlassgericht erfährt vom Ableben einer Person dadurch, dass es durch das Standesamt oder das Deutsche Testamentsregister informiert wird.
  • Amtlich verwahrte Testamente sind spätestens nach 30 Jahren zu eröffnen, es sei denn, der Erblasser ist noch am Leben.

Nicht amtlich verwahrtes Testament: Ablieferungspflicht

Findet ein Angehöriger nach dem Tode des Erblassers in dessen Unterlagen ein Testament auf, ist er verpflichtet, dieses unverzüglich an das Nachlassgericht abzuliefern. Wer das Testament vernichtet oder unterschlägt, begeht eine strafbare Urkundenunterdrückung (§ 274 StGB). Verfälscht derjenige den Inhalt der Urkunde, begeht er Urkundenfälschung (§ 267 StGB) und Betrug (§ 263 StGB). Vor allem riskiert diese Person, dass sie als erbunwürdig erklärt wird und ein eventuell bestehendes gesetzliches Erbrecht verliert. Sie riskiert auch, sich gegenüber den testamentarischen Erben schadensersatzpflichtig zu machen, wenn sie die Umsetzung des Testaments vereitelt und den Erben dadurch vorhandene Vermögenswerte aus dem Nachlass verloren gehen.

Erfährt das Nachlassgericht von der Existenz eines Testamentes, wird es denjenigen, der die Unterlagen des Erblassers in Besitz hat, durch einen amtlichen Beschluss auffordern, diese letztwillige Verfügung abzuliefern. Das Nachlassgericht kann auch von bestimmten Personen die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung darüber verlangen, wo sich das Testament befindet. Verweigert derjenige, der das Testament in Besitz hat, die Ablieferung, kann das Nachlassgericht gegen ihn eine Ordnungsstrafe verhängen und notfalls die Ablieferung mittels Zwang durchsetzen.

Es ist also nicht der Entscheidung der Angehörigen überlassen, ob sie die letztwillige Verfügung des Erblassers nach eigenem Gutdünken interpretieren, für sich behalten oder dem Nachlassgericht abliefern. Ein Angehöriger darf die Ablieferung des Testaments auch nicht mit der Begründung verweigern, er halte das Testament für unwirksam. Nur das Nachlassgericht kann feststellen, ob das Testament wirksam errichtet wurde oder eben nicht.

Auch derjenige, der als Alleinerbe eingesetzt ist und das Testament auffindet, ist gut beraten, das Testament beim Nachlassgericht abzuliefern. Nur so kann er gewährleisten, dass seine Erbenstellung amtlich festgestellt und nicht nachträglich von anderen potentiellen Erben vielleicht angefochten wird

Eine Anordnung des Erblasser im Testament, das Testament solle nach seinem Tode nicht eröffnet werden solle, ist nach § 2263 BGB nichtig.

Amtlich verwahrtes Testament

Statt ein Testament zu Hause zu verwahren, kann es auch in amtliche Verwahrung gegeben werden. Amtliche Verwahrung bedeutet, dass das Testament dem örtlichen Amtsgericht als dem zuständigen Nachlassgericht zur Aufbewahrung übergeben wird. Auch wenn der letzte Wille bei einem Notar beurkundet wird, ist der Notar verpflichtet, diese letztwillige Verfügung dem Nachlassgericht abzuliefern und somit in amtliche Verwahrung zu übergeben.

Für den Fall der amtlichen Verwahrung bestimmt § 348 FamFG (Verfahren in Nachlasssachen), dass das Gericht eine in seiner Verwahrung befindliche Verfügung von Todes wegen eröffnen muss, sobald es vom Tod des Erblassers Kenntnis erlangt. Über die Testamentseröffnung ist eine Niederschrift aufzunehmen.

Was ist eine Testamentseröffnung beim Nachlassgericht?

Im Fernsehfilm treffen sich die Angehörigen zur Testamentseröffnung meist bei einem Notar oder Rechtsanwalt, der einen verschlossenen Briefumschlag mit dem Brieföffner öffnet und den meist überraschten Angehörigen den letzten Willen des verstorbenen Erblassers vorliest. Sollte ein Notar oder ein Rechtsanwalt tatsächlich ein solches Schriftstück in seinem Besitz haben, ist er genauso wie jede andere Privatperson auch verpflichtet, das Schriftstück nach dem Tode des Erblassers unverzüglich an das Nachlassgericht abzuliefern. Ein Notar, der ein Testament beurkundet, ist ohnehin verpflichtet, das Schriftstück direkt nach der Beurkundung an das Nachlassgericht zu übergeben.

Nach dem Gesetz findet eine Testamentseröffnung statt, indem der Archivar des Nachlassgerichts das in seiner amtlichen Verwahrung befindliche Testament dem zuständigen Rechtspfleger zur weiteren Sachbearbeitung übergibt. Der Rechtspfleger beim Nachlassgericht ist auch zuständig, wenn das in den Unterlagen des Erblassers aufgefundene Testament ordnungsgemäß an das Nachlassgericht abgeliefert wird. Sobald das Schriftstück dem Nachlassgericht vorliegt, beginnt das sogenannte Verfahren der Testamentseröffnung

Als letztwillige Verfügungen kommen in Betracht:

  • das privatschriftlich verfasste Testament des Erblassers,
  • das gemeinsame Testament unter Ehegatten (Berliner Testament)
  • der vor einem Notar beurkundete Erbvertrag unter Ehegatten
  • der vor einem Notar beurkundete Erbvertrag des Erblassers mit einem Dritten

Welches Nachlassgericht ist für die Testamentseröffnung zuständig?

Das Nachlassgericht ist eine Unterabteilung des örtlichen Amtsgerichts. Die Aufgaben des Nachlassgerichts nimmt regelmäßig ein Rechtspfleger wahr. Verstirbt eine Person, stellen sich die Erben die Frage, welches Amtsgericht denn als Nachlassgericht eigentlich zuständig ist.

Örtlich zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Der Wohnsitz bestimmt sich danach, wo der Erblasser einwohnermelderechtlich gemeldet war. Lebte der Erblasser in einem Pflegeheim, ist er meist auch in dieser Gemeinde als Einwohner registriert.

Hatte er keinen Wohnsitz im Inland, ist das Nachlassgericht des letzten Aufenthaltsortes zuständig. Hatte er zum Zeitpunkt seines Ablebens in Deutschland weder seinen Wohnsitz noch seinen Aufenthalt (z.B. als Rentner auf Mallorca), so ist für einen deutschen Staatsangehörigen das Amtsgericht Berlin-Schöneberg als Nachlassgericht zuständig. Ist der Erblasser ausländischer Staatsangehöriger, ohne Wohnsitz und Aufenthalt in Deutschland, so ist jedes Amtsgericht, in dessen Bezirk sich Nachlassgegenstände befinden, für alle Nachlassgegenstände zuständiges Nachlassgericht.

Wie erfährt das Nachlassgericht, dass jemand verstorben ist?

In der Regel erhält das Nachlassgericht die Information vom Ableben einer Person vom Standesamt, bei dem die Angehörigen den Sterbefall melden. Wurde ein Testament in amtliche Verwahrung gegeben, wird es von Amts wegen automatisch beim Deutschen Testamentsregister registriert. Das Standesamt informiert mit Kenntnis vom Sterbefall auch das Deutsche Testamentsregister. Das Testamentsregister stellt fest, ob eine letztwillige Verfügung registriert wurde und wo die letztwillige Verfügung des Erblassers verwahrt wird. Es informiert dann das verwahrende Nachlassgericht. Dadurch wird gewährleistet, dass im Sterbefall die verwahrten Testamente tatsächlich und zuverlässig aufgefunden werden, eine Testamentseröffnung stattfinden und somit der letzte Wille des Erblassers umgesetzt werden kann.

Ist der Erblasser umgezogen und verwahrt ein anderes Amtsgericht das von ihm verfasste Testament, so ist das verwahrende Gericht zunächst für die Testamentseröffnung zuständig. Es darf das Testament dann eröffnen, übersendet aber das Original des Testaments nebst einer beglaubigten Abschrift des Eröffnungsprotokolls an das am Wohnort des Erblassers zuständige Nachlassgericht. Das Nachlassgericht führt eine Nachlassakte, in der sich alle Schriftstücke befinden, die mit der Person des Erblassers in Verbindung stehen. Dazu gehören insbesondere ältere und vielleicht widerrufene Testamente oder sonstige erbrechtliche Verfügungen des Erblassers.

Ablauf einer Testamentseröffnung

„Eröffnen“ bedeutet, dass ein meist verschlossener Umschlag, in dem das Testament sich befindet, während einer offiziellen Testamentseröffnung beim Nachlassgericht geöffnet wird. Dazu hat der Rechtspfleger zwei Möglichkeiten.

Aus Zeitgründen öffnet er einen verschlossenen Briefumschlag und nimmt Kenntnis vom Inhalt des Testaments. Der Rechtspfleger schickt dann den Personen, die als Beteiligte am Nachlass in Betracht kommt, eine Kopie des Testaments.

Er kann zur Testamentseröffnung aber auch einen Eröffnungstermin am Gericht bestimmen und die gesetzlichen Erben sowie die sonstigen in Betracht kommenden Beteiligten zum Termin für die Testamentseröffnung laden. Kein Beteiligter ist verpflichtet, dieser Ladung nachzukommen.

Der Rechtspfleger prüft und stellt in beiden Fällen fest, ob der Umschlag „unversehrt“ oder beschädigt (vielleicht auch manipuliert) war. Ist das Testament nicht in einen Umschlag verschlossen, wird es gleichwohl „eröffnet“. Der Rechtspfleger dokumentiert die Testamentseröffnung in einer Niederschrift.

Im Eröffnungstermin verkündet er nach der Testamentseröffnung seinen Inhalt, indem er den Beteiligten das Testament vorliest. Er kann dazu Anmerkungen über die Echtheit der Urkunde, die eventuelle Ausschlagung der Erbschaft, eine mögliche Erbauseinandersetzung oder die Grundbuchberichtigung bei Immobilienbesitz machen. Es ist jedoch nicht seine Aufgabe, den Inhalt der letztwilligen Verfügung rechtlich zu bewerten. Will ein Erbe den letzten Willen des Erblassers nicht anerkennen, ist es seine Aufgabe, eine Passage gerichtlich überprüfen zu lassen. Beteiligten, die bei der Testamentseröffnung nicht anwesend waren, hat das eröffnende Gewicht den Inhalt des Testaments mitzuteilen.

Wer ist Beteiligter am Nachlassverfahren?

Der Rechtspfleger soll zur Testamentseröffnung die gesetzlichen Erben sowie die sonstigen Beteiligten zum Termin laden. Als Beteiligte kommen in Betracht:

  • die gesetzlichen Erben
  • die im Testament als Vor- und Nacherben bestimmten Personen
  • der Erbe, der die Ausstellung eines Erbscheins beantragt
  • derjenige, der bei Gericht einen Rechtsstreit über das Erbrecht führt
  • die im Testament bezeichneten Erben
  • die im Testament durch ein Vermächtnis begünstigte Person
  • die im Testament durch eine Auflage beschwerte Person
  • jede Person, deren Recht am Nachlass durch das Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins betroffen ist
  • ein im Testament vom Erblasser bestimmter Testamentsvollstrecker

Wie ermittelt das Nachlassgericht die Erben?

Das Nachlassgericht lädt zur Testamentseröffnung nur diejenige Person, von deren Existenz und Erreichbarkeit es Kenntnis hat. Der Rechtspfleger ist nicht verpflichtet, von Amtswegen Ermittlungen anzustellen, welche Personen im Übrigen als gesetzliche Erben in Betracht kommen oder irgendwelche Rechte am Nachlass haben könnten. Aus personellen Gründen verzichten viele Nachlassgerichte auf eine förmliche Testamentseröffnung und übersenden den Beteiligten nach der internen Testamentseröffnung eine Abschrift des Testaments und des Protokolls der Testamentseröffnung.

Es bleibt jedem Erben überlassen, einen Erbschein zu beantragen oder vermeintliche Rechte am Nachlass gerichtlich geltend zu machen.

Gut zu wissen:

Fand bei dem Nachlassgericht eine Testamentseröffnung statt, kann jeder, der ein rechtliches Interesse an der Einsicht glaubhaft macht, das Testament einsehen. Ein rechtliches Interesse ist dann begründet, wenn der Antragsteller darauf angewiesen ist, von dem Inhalt der letztwilligen Verfügung Kenntnis zu nehmen, um eigene Rechte am Nachlass geltend zu machen.

Warum ist die Testamentseröffnung beim Nachlassgericht so wichtig?

Wurde ein Testament im Rahmen einer offiziellen Testamentseröffnung beim Nachlassgericht eröffnet und den Beteiligten zur Kenntnis gebracht, beginnt für jeden gesetzlichen Erben die Frist zu laufen, innerhalb der er die Erbschaft ausschlagen kann. Will ein Erbe die Erbschaft nicht annehmen und aus persönlichen oder wirtschaftlichen Gründen ausschlagen, muss er innerhalb von sechs Wochen gegenüber dem Rechtspfleger am Nachlassgericht erklären, die Erbschaft auszuschlagen. Alternativ kann er die Ausschlagung auch bei einem Notar beurkunden, der von Amts wegen das Nachlassgericht über die Ausschlagung informiert.

Eröffnung von gemeinschaftlichen Testamenten und Erbverträgen

Haben Ehepartner ein gemeinschaftliches Testament errichtet, soll nur der letzte Wille der verstorbenen Person bekannt werden. Deshalb bestimmt § 349 FamFG, dass Verfügungen des überlebenden Ehegatten oder Lebenspartners nicht bekannt gegeben werden dürfen, soweit sie sich trennen lassen. Ist eine Trennung nicht möglich, dürfen gemeinschaftliche Testamente in ihrem gesamten Inhalt durch eine Testamentseröffnung verkündet werden. Befindet sich das gemeinschaftliche Testament in amtlicher Verwahrung, ist von der Verfügung des verstorbenen Ehegatten oder Lebenspartners eine beglaubigte Abschrift anzufertigen. Dann ist das Testament wieder zu verschließen und erneut in amtliche Verwahrung zu übergeben. Bei Erbverträgen ist gleichermaßen zu verfahren.

Testamentseröffnung spätestens nach 30 Jahren

Befindet sich ein Testament, ein gemeinschaftliches Testament oder ein Erbvertrag seit mehr als 30 Jahren in amtlicher Verwahrung, soll das Nachlassgericht in einem ersten Schritt von Amts wegen ermitteln, ob der Erblasser noch lebt. Kann nicht festgestellt werden, ob der Erblasser noch lebt, ist eine Testamentseröffnung von Todes wegen einzuleiten. Mit der Testamentseröffnung läuft das übliche Verfahren. Eventuelle Erben erfahren also spätestens nach 30 Jahren von ihrer Erbeinsetzung.

Autor:  Henrick Kurt Wertheim

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