Was leisten Erbenermittler?
Jede Erbschaft sollte ihren Erben finden. Soll in letzter Konsequenz nicht der Fiskus von Amts wegen erben, gilt es, erbberechtigte Personen ausfindig zu machen und deren Aufenthaltsort zu ermitteln. Bei den Recherchen können Erbenermittler wertvolle Dienste leisten. Deren Dienste sind umso wichtiger, wenn Sie als Miterbe den Nachlass erst auseinandersetzen und verwerten können und wenn alle Erben ermittelt sind. Da es auch schwarze Schafe gibt, sollten Sie wissen, was Sie selbst zur Ermittlung potentieller Erben veranlassen können und was Sie von einem Erbenermittler erwarten dürfen.
Das Wichtigste
- Gehört der Nachlass einer Erbengemeinschaft, ist die Auseinandersetzung und Verwertung erst möglich, wenn alle Miterben bekannt sind.
- Sie sind gegenüber dem Nachlassgericht verpflichtet, auf unbekannte Erben oder Erben unbekannten Aufenthalts hinzuweisen, wenn Sie Anhaltspunkte zu deren Existenz haben.
- Möchten Sie die Auseinandersetzung des Nachlasses beschleunigen, kann es sich empfehlen, einen professionellen Erbenermittler einzubeziehen.
- Erbenermittler üben keinen anerkannten Beruf aus. Erbenermittler sollten aber über die notwendigen Kompetenzen verfügen, um potentielle Erben oder vermeintliche Vermögenswerte zu ermitteln.
- Die Honorierung eines Erbenermittlers kann anhand eines Festhonorars, nach Stundensätzen oder als Erfolgshonorar erfolgen. Hüten Sie sich vor schwarzen Schafen.
Warum ist es so wichtig, erbberechtigte Personen zu ermitteln?
Stirbt ein Mensch, treten die Erben dessen Rechtsnachfolge an. Es gibt im Erbrecht des Bürgerlichen Gesetzbuches keine Erbschaft ohne Erben. Lassen sich keine Erben ermitteln, erbt in letzter Konsequenz der Fiskus.
Unproblematisch ist es, wenn der Erblasser in einem Testament oder in einem Erbvertrag bestimmt hat, wer seinen Nachlass erbt. Gibt es keine derartige letztwillige Verfügung, tritt die gesetzliche Erbfolge des Bürgerlichen Gesetzbuches in Kraft. Die gesetzliche Erbfolge bestimmt die Erbfolge nach Ordnungen, die auf die Nähe der Verwandtschaft des Erblassers zu seinen Angehörigen abstellen (§§ 1924 ff BGB).
Es kommt im Lebensalltag häufig vor, dass ein gesetzlicher Erbe nicht auffindbar ist, weil sein Aufenthaltsort unbekannt ist oder weil nicht bekannt ist, ob der Erbe überhaupt noch lebt. Schwierig erweist sich die Recherche, wenn der Aufenthaltsort von Angehörigen infolge Flucht, Vertreibung oder Auswanderung unbekannt ist oder ein Erbe infolge einer Eheschließung seinen Familiennamen geändert hat. Kommen Erben der dritten Ordnung (Großeltern und deren Abkömmlinge) als Erben in Betracht, wird es immer schwieriger, die verwandtschaftlichen Zusammenhänge festzustellen.
Sie werden als Erbe mit der Problematik dann konfrontiert, wenn Sie selbst gesetzlicher Erbe sind und beim Nachlassgericht einen Erbschein beantragen. Sie müssen dann nachweisen, dass Sie mit dem Erblasser verwandt und deshalb gesetzlich erbberechtigt sind. Sie werden den Erbschein nur erhalten, wenn Sie die zur Begründung Ihres Antrags erforderlichen Tatsachen zur Überzeugung des Nachlassgerichts darlegen können (§ 352e FamFG).
Dazu müssen Sie eidesstattlich versichern, ob es noch Personen gibt, die Sie aufgrund ihres erbrechtlichen Vorrangs von der Erbfolge ausschließen oder Ihr Erbrecht verringern. Hinterlässt der Erblasser möglicherweise nichteheliche Kinder, sind diese gleichermaßen erbberechtigt. Um Ihr Erbrecht nachzuweisen, können Sie Eheurkunde, Geburtsurkunde, Sterbeurkunde, Testament oder Erbvertrag vorlegen. Sie machen sich strafbar, wenn Sie verschweigen, dass es möglicherweise noch andere Erben gibt oder geben könnte.
Müssen Sie davon ausgehen, dass es unbekannte Erben oder Erben unbekannten Aufenthalts gibt, müssen Sie dazu Angaben machen. Das Nachlassgericht muss in diesen Fällen den Nachlass sichern. Als Sicherungsmaßnahmen kommen die Anlegung von Siegeln, die Hinterlegung von Geld sowie die Aufnahme eines Nachlassverzeichnisses oder die Bestellung eines Nachlasspflegers in Betracht (§ 1960 BGB). Möglicherweise wird das Nachlassgericht dann so lange nicht über Ihren Antrag auf Erteilung eines Erbscheins entscheiden und den Nachlass freigeben, bis feststeht, ob und welche Erben es gibt.
Sie riskieren, dass sich die Auseinandersetzung des Nachlasses auf ungewisse Zeit verzögert. Ihr Risiko als Miterbe kann auch darin bestehen, dass sich völlig überraschend lange Zeit nach dem Erbfall ein Erbe meldet und Sie sich plötzlich in der Verpflichtung sehen, diesen Erben am Nachlass zu beteiligen. Haben Sie den Nachlass dann bereits aufgebraucht, stehen Sie in der Schuld und haben plötzlich ein Problem, mit dem Sie überhaupt nicht gerechnet haben. Insoweit sollte es in Ihrem Interesse liegen, unabhängig von den Bemühungen des Nachlassgerichts potentielle Erben möglichst schnell festzustellen. Dann können die Dienste eines Erbenermittlers eine gute Option sein.
Kommt in Betracht, dass höher- oder gleichberechtigte erbberechtigte Personen existieren, kann das Nachlassgericht eine öffentliche Aufforderung zur Anmeldung von Erbrechten erlassen (§ 352d FamFG). Die Aufforderung erfolgt an der Gerichtstafel oder in örtlichen Tageszeitungen. Melden sich potentielle Erben nicht, hat die öffentliche Aufforderung keine Ausschlusswirkung. Die Erbrechte werden nicht beeinträchtigt, bleiben jedoch zunächst unberücksichtigt. Vor allem, wenn die Ermittlung von Erben entfernter Ordnungen mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden ist, ist die öffentliche Aufforderung der richtige Weg. Allerdings liegt die Durchführung der öffentlichen Aufforderung im Ermessen des Nachlassgerichts.
Gut zu wissen:
Ist eine Person seit 5 Jahren verschollen und dürfte das 80. Lebensjahr erreicht haben, kann sie für tot erklärt werden (OLG Hamm, Az. 15 W 280/13). Es kann dann ein Aufgebotsverfahren nach dem Verschollenheitsgesetz mit dem Ziel der Toderklärung eingeleitet werden. Erst danach können Sie als Erbe auf den Nachlass zugreifen.
Welche Kompetenzen haben Erbenermittler?
Erbenermittler ist kein anerkannter Berufsstand. Es gibt keine besondere Ausbildung. Theoretisch kann sich jeder als Erbenermittler bezeichnen. Da die Ermittlung potentieller Erben voraussetzt, dass ein Dienstleister die gesetzliche Erbfolge beurteilen kann und überhaupt in der Lage ist, den Weg potentieller Erben zu recherchieren, sind juristische Fachkenntnisse mindestens vorteilhaft. Auch ein detektivischer Spürsinn dürfte von Vorteil sein. Der Zugang zu entsprechenden Archivmaterialien in Personenstandsbüchern, Kirchenbüchern und Melderegistern sowie Kenntnisse in der Familien- und Ahnenforschung sollten Voraussetzung sein. Hilfreich ist es auch, altdeutsche Schrift lesen zu können.
Wann erweisen sich die Dienste eines Erbenermittlers als hilfreich?
Es gibt in Deutschland schätzungsweise ca. 400 professionelle Erbenermittler. Der Bedarf nach derartigen Dienstleistungen dürfte steigen, da die Menschen immer älter werden und immer mehr potentielle Erben in Betracht kommen. Scheidungen, uneheliche Kinder und Patchworkfamilien verursachen immer komplexere Familienverhältnisse. Erbengemeinschaften mit bis zu 30, 50 oder gar 80 Personen sind keine Seltenheit mehr (Quelle: Hoerner Bank).
Die Menschen sind da, um einander zu helfen, und wenn man eines Menschen Hilfe in rechten Dingen nötig hat, so muß man ihn dafür ansprechen.
Es verwundert nicht, dass Miterben oft verstreut voneinander leben und trotz ihrer verwandtschaftlichen Beziehungen keine Kenntnis voneinander haben. Schwierigkeiten entstehen, wenn eine weibliche Person infolge der Eheschließung den Namen ihres Ehegatten angenommen hat und diese Person anhand ihres Geburtsnamens in der Ahnentafel nicht mehr identifiziert werden kann. Ähnlich ist es bei unehelichen Kindern, die den Namen der Mutter tragen, so dass kaum nachzuvollziehen ist, dass ein Kind mit dem Erblasser verwandt ist.
Je komplexer und verworrener die Familienverhältnisse sind, desto wertvoller sind die Dienste von Erbenermittlern. Erbenermittler recherchieren, ob es verwandte Angehörige eines Erblassers gibt, die als gesetzliche Erben in Betracht kommen. Sie dürfen jedoch keine Rechtsberatung erbringen und sind auch nicht berechtigt, ausfindig gemachte Vermögenswerte einzufordern oder einzuziehen. Da es keinerlei rechtliche Vorschriften gibt, die die Arbeit eines Erbenermittlers reglementieren, ist es wichtig, dass Erbenermittler kompetent, zuverlässig und vertrauensvoll arbeiten. Ihre Arbeit bestimmt sich nach den Vereinbarungen mit dem Nachlassgericht, dem Nachlasspfleger oder den Erben, die den Erbenermittler beauftragen.
Expertentipp:
Bevor Sie sich auf die Dienstleistung eines Erbenermittlers einlassen, empfiehlt sich, dass Sie selbst Ihre Verwandtschaftsverhältnisse soweit wie möglich recherchieren. Sprechen Sie vor allem mit älteren Verwandten, die Auskunft über Verwandtschaftsverhältnisse und die Existenz potentieller Miterben geben können. Diese Verwandten verfügen oft auch noch über Unterlagen oder Fotos, die für Ihre Recherchen hilfreich sein können. Eine gute Hilfestellung ist, wenn Sie sich selbst einen Stammbaum erstellen, anhand dessen Sie die verwandtschaftlichen Beziehungen Ihrer Familie nach und nach recherchieren und prüfen können.
Erbenermittler ermitteln auch Vermögenswerte
Erbenermittler ermitteln nicht nur potentielle Erben, sondern auch eventuell vorhandene Vermögenswerte. Vermuten Sie, dass der Erblasser auf unbekannten Konten Bargeld oder irgendwelche nicht näher bekannte Vermögenswerte besitzt, kann ein Erbenermittler auch versuchen, solche Vermögenswerte ausfindig zu machen. Vermuten Sie solche Vermögenswerte, sollten Sie Ansatzpunkte haben, an denen der Erbenermittler seine Recherchen ansetzen kann. Angaben ins Blaue hinein und Spekulationen führen nicht weiter.
Banken berufen sich gerne auf das Bankgeheimnis und verweigern jegliche Auskunft. Wenn überhaupt, verlangen sie die Vorlage eines Erbscheins. Prüfen Sie, ob Sie wenigstens einen Teilerbschein beantragen und auf diesem Weg Ihr Erbrecht nachweisen können. Ersatzweise kommt auch die Bestellungsurkunde des Nachlasspflegers in Betracht, der den Erbenermittler mit der Recherche beauftragt hat. Macht der Erbenermittler Vermögenswerte ausfindig, gehören diese in den Nachlass. Schwarzgeld müssen Sie nachträglich versteuern.
Welche Bezahlung verlangen Erbenermittler?
Beauftragen Sie einen Erbenermittler, haben Sie alle Freiheiten, in gegenseitiger Absprache die Dienstleistung des Erbenermittlers zu honorieren.
- Erfolgshonorar: Bestenfalls vereinbaren Sie ein Erfolgshonorar. Dann wird der Erbenermittler nur bezahlt, wenn er einen Erben erfolgreich recherchiert. Das Honorar sollte dem Aufwand angemessen sein und sämtliche Recherchekosten beinhalten. Rechnen Sie mit etwa 10 - 30 % des Betrages, den Sie im Erfolgsfall als Erbe vereinnahmen können. Das Honorar richtet sich danach, mit welchem Aufwand und mit welchen Erfolgsaussichten der Erbenermittler tätig wird. Bestehende Verbindlichkeiten des Nachlasses sind dabei zu berücksichtigen.
- Festhonorar: Erbenermittler erhalten meist ein Festhonorar, wenn sie vom Nachlassgericht bestellt werden. Oder sie rechnen auf Stundenbasis ab. Erteilen Sie selbst als Miterbe den Auftrag, empfiehlt sich, fest vereinbarte Honorarsätze zu vereinbaren. Kalkulieren Sie mit Honorarsätzen von etwa 80 EUR pro Stunde zuzüglich Mehrwertsteuer und zuzüglich eventueller Auslagen. Unter Umständen ist es günstiger, wenn Sie ein Erfolgshonorar vereinbaren, soweit Sie nicht absehen können, ob es tatsächlich noch weitere Erben gibt. Schwierig ist auch nachzuprüfen, mit welchem Aufwand der Erbenermittler tatsächlich recherchiert hat. Möglicherweise rechnet der Erbenermittler einen Zeitaufwand ab, den er tatsächlich überhaupt nicht geleistet hat.
- Vorkasse: Aus Sicht des Erbenermittlers kann es geboten sein, einen Vorschuss zu verlangen. Möglicherweise muss der Erbenermittler selbst Kosten verauslagen und kann kaum einschätzen, inwieweit seine Tätigkeit Ergebnisse bringt. Ihr Vorteil kann darin bestehen, dass Sie den Erbenermittler mit einem Vorschuss besonders motivieren, für Sie tätig zu werden. Umgekehrt müssen Sie einschätzen können, wieweit Sie einer Person, die sich als Erbenermittler bezeichnet, vertrauen und ein Ergebnis zutrauen können.
Welchen „Erbenermittlern“ sollten Sie nicht trauen?
Es kommt vor, dass sich bei einem Erben ein sogenannter Erbenermittler meldet und behauptet, er wisse von potentiellen Erben oder potentiellen Vermögenswerten. Gegen Zahlung eines Honorars bietet er an, sein Wissen preiszugeben. Ein Honoraranspruch hat diese Person aber nur dann, wenn Sie eine entsprechende Vereinbarung treffen. Hat diese Person bereits angeblich Aufwendungen vorgenommen, kann sie keinerlei Honoraransprüche stellen.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser.
Diese vermeintlichen Erbenermittler erfahren meist dadurch von einem Erbfall, dass das Nachlassgericht potentielle Erben öffentlich aufgefordert hat, sich zu melden. Werden Sie als potentieller Erbe angesprochen, sollten Sie berücksichtigen, dass Sie noch nicht wissen, ob und inwieweit Sie überhaupt als Erbe in Betracht kommen und wie hoch Ihr möglicher Erbteil überhaupt ist. Selbst wenn Sie als Alleinerbe in Betracht kommen, müssen Sie einkalkulieren, dass der Nachlass durch Verbindlichkeiten und Steuerschulden vollkommen überschuldet sein könnte. Zahlen Sie dann ein Honorar, zahlen Sie für eine Dienstleistung, von der Sie im Ergebnis keinerlei Vorteile haben.
Fazit
Unser Erbrecht ist komplex. Noch komplexer sind aber unsere Lebensverhältnisse. Sollten Sie Erbe werden, empfiehlt sich, zunächst selbst soweit wie möglich zu recherchieren, ob es noch weitere Angehörige gibt, die als Erben in Betracht kommen. Erst dann, wenn Ihre Recherchemöglichkeiten an Grenzen stoßen, sollten Sie die Dienstleistung eines Erbenermittlers in Betracht ziehen.
Autor: Volker Beeden