Wenn Sie ein Unternehmen geerbt haben

Stirbt der Unternehmer, muss das Unternehmen leben. Es muss dann irgendeine Person geben, die in der Lage und fähig ist, dringende Angelegenheiten sofort zu erledigen. Ob und wie Sie handeln können oder handeln sollten, hängt von den Gegebenheiten ab. Die Vielfältigkeit unternehmerischer Tätigkeit spiegelt sich dann auch darin wieder, wie es mit dem Unternehmen weitergeht.

Das Wichtigste

  • Ein verantwortungsvoller Unternehmer sorgt für den Fall seines Ablebens vor. Einzelkaufleute hinterlassen im Idealfall eine Handlungsvollmacht, die über den Tod hinaus fort gilt oder bestellen einen Prokuristen. Als Erbe eines Einzelunternehmers treten Sie vollumfänglich in dessen Rechtsstellung ein, übernehmen seine Vermögenswerte, haften aber auch für bestehende Verbindlichkeiten.
  • Wissen Sie augenblicklich noch nicht, ob sie das Einzelunternehmen des Erblassers übernehmen wollen oder war der Erblasser Gesellschafter einer Einmann-GmbH und alleiniger Geschäftsführer, können Sie die Führungslosigkeit des Unternehmens überbrücken, indem Sie beim Nachlassgericht einen Nachlasspfleger bestellen lassen. Dieser übernimmt vorübergehend die Geschäftsführung.
  • War der Erblasser nur Mitgesellschafter einer GmbH, kann die Gesellschafterversammlung sofort einen neuen Geschäftsführer bestellen, der das Unternehmen fortführt.

Gibt es ein Testament?

Klären Sie möglichst schnell, ob der Erblasser ein Testament oder einen Erbvertrag hinterlassen hat. Im Idealfall finden sich dort klare Regelungen und Vorgaben, was mit dem Unternehmen nach dem Ableben des Erblassers geschehen soll. Sind Sie Erbe, sollten Sie sich möglichst schnell einen Erbschein beschaffen. So weisen Sie nach, dass Sie Erbe sind. Sie sind dann voll handlungsfähig.

Problematisch wird die Situation, wenn Sie nur Miterbe in einer Erbengemeinschaft sind und der Erblasser keine Person bestimmt hat, die das Unternehmen nach seinem Ableben fortführen soll. Erbengemeinschaften können nur gemeinschaftlich handeln. Blockiert ein Miterbe die Entscheidungsfindung, blockiert er auch das Unternehmen.

Es fehlen Testament und jegliche Nachfolgeplanung

Unternehmer stehen oft in der Mitte des Lebens. Sie vergessen, dass eine frühzeitige Nachfolgeplanung zur Überlebensstrategie des Unternehmens gehört. Eine Nachfolgeplanung ist wie eine Versicherung. Man sichert sich damit gegen die Risiken des Lebens ab. Allzu oft gibt es aber weder ein Testament noch eine Nachfolgeplanung.

Typische Konstellationen sind, dass der Erblasser alleiniger Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) war und weder ein Testament noch irgendwelche Vollmachten hinterlassen hat. Ähnlich ist es, wenn der Erblasser Einzelunternehmer war und es niemanden gibt, der ihn augenblicklich ersetzen kann oder Sie noch überlegen, ob Sie die Erbschaft annehmen wollen oder lieber ausschlagen.

Hat der Verstorbene im ungünstigsten Fall keinerlei Vollmachten hinterlassen, können weder die Erben noch die Mitarbeiter über das Firmenvermögen und die Geschäftskonten verfügen. Sie können laufende Geschäftsverbindlichkeiten, Gehälter, Mieten und Sozialleistungen nicht bezahlen. Können Sie das Unternehmen dann nicht zeitnah fortführen, droht die Insolvenz. Was können Sie tun?

Beantragen Sie einen Nachlasspfleger als Geschäftsführer

Ist das Unternehmen führungslos, sollten Sie schnellstmöglich beim zuständigen Nachlassgericht einen Nachlasspfleger als Geschäftsführer bestellen lassen (§ 1960 BGB). Gleiches gilt, wenn die Erbengemeinschaft sich nicht einig ist, es aber wenigstens schafft, sich auf eine Nachlasspflegschaft zu verständigen.

Hierfür schreiben Sie das Nachlassgericht an und erklären, dass Sie aller Wahrscheinlichkeit nach Erbe des Unternehmers sind. Fällt der Nachlass einer Erbengemeinschaft an, müssen alle Miterben den Antrag unterzeichnen.

Fügen Sie dem Schreiben die Sterbeurkunde des Erblassers, Heiratsurkunde und Ihre Geburtsurkunde bei. Erklären Sie dem Nachlassgericht, dass der Erblasser weder Vollmachten erteilt noch über eine Prokura verfügt hat. Sie beantragen dann eine Nachlasspflegschaft sowie die Anordnung, einen Nachlasspfleger mit dem „Aufgabenkreis Geschäftsführung“ zu bestellen. Die Nachlasspflegschaft besteht so lange, bis das Erbe angenommen ist.

Erblasser war Mitgesellschafter und Geschäftsführer einer GmbH

War der Unternehmer lediglich Mitgesellschafter in einer GmbH, regelt der Gesellschaftsvertrag, was mit seinem Geschäftsanteil an der Gesellschaft passiert. GmbH-Anteile sind vererblich. Damit besteht die Gesellschaft in jedem Fall fort und wird nicht aufgelöst. Als Erbe werden Sie automatisch Rechtsnachfolger des Gesellschafters, ohne dass die Gesellschaft irgendetwas veranlassen müsste. Um zu vermeiden, dass unqualifizierte oder desinteressierte Personen in die Gesellschaft eintreten, enthalten GmbH-Satzungen oft spezielle Nachfolgeregelungen. War der Gesellschafter zugleich alleiniger Geschäftsführer, kann die Gesellschafterversammlung umgehend einen neuen Gesellschafter bestellen. Insoweit ergeben sich in der Praxis nicht unbedingt Probleme.

Erblasser war Einzelunternehmer

War der Erblasser Einzelunternehmer, treten Sie als Erbe seine Rechtsnachfolge an und übernehmen alle mit der Person des Erblassers verbundenen Rechte und Pflichten. Mit der Erbschaft werden Sie faktisch zum Unternehmer. Irgendwelche Übertragungsakte sind nicht notwendig. Lediglich auf den Namen des Erblassers im Grundbuch eingetragene Immobilien sind auf den Namen des Erben umzuschreiben. Natürlich haften Sie auch für Verbindlichkeiten des Unternehmens. Möchten Sie Ihre persönliche Haftung mit Ihrem eigenen Vermögen vermeiden, können Sie die Erbschaft ausschlagen, alternativ aber auch die Nachlassverwaltung und im ungünstigsten Fall die Nachlassinsolvenz beantragen.

Gibt es eine Unternehmervollmacht für den Todesfall oder besteht eine Prokura?

Idealerweise sorgt ein Unternehmer für den Fall seines Ablebens vor, indem er einer Person seines Vertrauens Prokura erteilt oder eine Handlungsvollmacht bestellt. Die Prokura ermächtigt zu allen Geschäften, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt. Der Prokurist kann im Namen des Unternehmers Prozesse führen, Kredite aufnehmen, Grundstücke kaufen oder auch branchenfremde Geschäfte tätigen. Die Prokura ist im Handelsregister eingetragen und dort ersichtlich.

Alternativ ermächtigt die Handelsvollmacht lediglich dazu, branchenübliche und gewöhnliche Geschäfte zu tätigen. Die Handlungsvollmacht kann als Generalhandlungsvollmacht für alle gewöhnlichen Rechtsgeschäfte erteilt werden oder als Gattungsvollmacht für eine bestimmte Art gewöhnlicher Geschäfte. Wichtig ist, dass die Handlungsvollmacht über den Tod hinaus fortbesteht.

Im besten Fall hat der Unternehmer dem Prokuristen oder seinem Handlungsbevollmächtigten zugleich eine Bankvollmacht erteilt. Dazu ist normalerweise erforderlich, dass er mit dem Mitarbeiter persönlich eine Bankfiliale aufsucht und dort das bankübliche Vollmachtsformular unterzeichnet.

Fazit

Der Tod kommt oft überraschend. Wenn er denn kommt, sollte ein verantwortungsvoller Unternehmer vorgesorgt haben und seine Erben nicht vor Überraschungen stellen. Haben Sie ein Unternehmen geerbt, ist an erster Stelle eine Bestandsaufnahme angesagt. Lassen Sie sich dazu möglichst juristisch beraten. Unternehmerisches Leben ist derartig vielgestaltig und steht so oft im Missklang mit testamentarischen Verfügungen, dass Sie als Laie kaum in der Lage wären, die Situation angemessen zu beurteilen.

Autor:  Heinrich von Südhoff

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